Protokoll des 11. Treffens der Philosophiegruppe Lüneburg

Dienstag, den 05.06.2018 (19:30-22:00 Uhr)
Leuphana Universität Lüneburg

Zu beginn der Sitzung hat Paula Gürtler das Wort. Sie referiert über das Thema ihrer Hausarbeit ”Die Frage nach der Kausalität nach David Hume, Immanuel Kant und Marco de Angelis.” Die Wichtigkeit für diese Untersuchung beschreibt sie durch den Gedanken, dass wenn es keine Kausalität gibt, das eigene Handeln keinen Sinn ergeben würde. Dem steht die Erkenntnistheorie direkt gegenüber. “Cogito ergo sum.”  (zu deutsch “Ich denke, also bin ich.”) von René Descartes ist das treffende Zitat dazu.

Paula beginnt mit der Darstellung von David Hume, der die Einstellung vertritt, dass es ohne Erfahrungen bzw. Eindrücke keine Vorstellungen geben kann. Somit lässt sich erst über die Gewohnheit der Beobachtung auf eine Kausalität schließen. Dies ist eine sehr subjektive Herangehensweise. Kritisiert und ausgebaut wird diese von Immanuel Kant, der auch davon ausgeht, dass jede unserer Erkenntnisse mit der Erfahrung beginnt, allerdings unterscheidet er zwischen a priori und a posteriori. A posteriori ist dabei all das, was sich durch Schlussfolgerung ergibt. Man leitet hierbei aus der Erfahrung ab, sodass man vom Besonderen auf das Allgemeine schließt. Etwas, was a priori ist, ist dagegen von allgemeiner Gültigkeit. In einem nächsten Schritt unterteilt Kant in analytisch und systematisch. Analytisch sind nach Kant so genannte Erläuterungsurteile. Zu einer bekannten Information wird also eine weitere spezifische Information hinzugefügt. Synthetisch sind dann die Erweiterungsurteile, die eine neue Erkenntnis mit sich bringen. Man schafft also Gewissermaßen eine Verbindung zwischen dem Wissen apriori und einer beobachteten Ergänzungsinformation. Ein Beispiel hierfür ist die Veränderung. Diese ist nicht apriori, also nicht von vorneherein gegeben, sodass wir zunächst Erfahrungen von sich wandelnden Situationen zu machen, um auf die Veränderung an sich schließen zu können. Im Gegensatz dazu, sich Ursache und Wirkung so nah miteinander verknüpft, dass sie a priori sind. Somit ist dieses Zusammenspiel, die Kausalität als eine von Kants Kategorien aufgeführt. Sie gehört also zu den Strukturen, die in jedem Menschen von Anfang an enthalten sind.

Dank dieser Kausalität lässt sich auch das vorhandensein von Wahrheiten leicht erklären. Wenn Ursache und WIrkung zusammenhängen, kann man nicht sagen “Es gibt keine Wahrheiten.”, da man damit eine Aussage mit Wahrheitsanspruch generiert. Ist diese Aussage also wahr, so gibt es eine erste Wahrheit und die Aussage falsifiziert sich selbst.

Damit geht es in die Diskussion. Diese beginnt mit der These, dass das Beobachten und Erkennen der Welt Wahrheiten schafft und der unterscheidung zwischen induktiven und deduktiven Schlüssen. Das induktive ist hierbei das Erlernen durch ausprobieren und das Deduktive ist das Schlussfolgern, welches auch generationsübergreifend weiter gegeben werden kann. Das Beispiel eines Erdbebens wird angeführt. Dies galt so lange als Mysterium, welchem scheinbar keine Ursache zugrunde liegt, bis man naturwissenschaftlich soweit war, dass man es über tektonische Plattenverschiebung erklären konnte, wovon zuvor niemand etwas wusste.

Hieraus entsteht die Frage, ob der Mensch überhaupt fähig ist, anders als induktiv zu erkennen. Diese Frage können wir mit ja beantworten, da die Kategorien, wie Kant sie benennt aus dem reinen Geist kommen und somit von Beginn an in jedem Menschen vorhanden sind. Hierzu zählen zum Beispiel “Sein”, “nicht sein”, “werden” und eben auch die “Kausalität”. All diese machen deduktive Erkenntnisse a priori möglich. Diese Kathegorien sind zunächst inhaltslos und werden dann durch die Natur mit Inhalt gefüllt. Eine Allgemeingültigkeit kann es aber nur dann geben, wenn diese a priori ist und dann gefüllt wird.

Über eine Kritik dieser Theorie, die offenlegt, dass ein Gefühl im Grunde nicht viel mehr als eine Erregung ist, die erst durch unsere Gedanken zu einem Gefühl wird, kommen wir zu einer grundsätzlichen Kritik an Kants Kathegorienkonstrukt. Dieses ist in dem Sinne unvollständig, als das es nicht frei von Erfahrungen, somit nicht rein a priori und dadurch intersubjektiv ist. Die Kategorienlehre wird, wie wir wissen,von Schelling und Hegel später kritisiert und weiterentwickelt, sodass dies an entsprechender Stelle weiterdenken können.

Weiter geht es mit der Frage nach der bereits beschriebenen Allgemeingültigkeit. Denn wie kann es sein, dass beispielsweise die Menschenrechte offenbar eine Allgemeingültigkeit haben, die Menschen sich aber dennoch nicht daran halten. Hierzu gibt es mehrere Ansätze:

Einer davon ist, dass sich Wahrheiten erst durch den Verstoß gegen sie weiterentwickeln und somit zur Aufdeckung neuer Wahrheiten führen. Sodass man möglicherweise erst erkennt, dass B nicht machen sollte, wenn gegen A gerade verstoßen wurde.

Ein weiterer Gedanke ist, dass Menschen zwar grundlegend fähig sind, die Allgemeingültigkeit der Menschenrecht zu verstehen, dies aber nicht bedeutet, dass sie sich dessen immer bewusst sind.

Des Weiteren wird in betracht gezogen, dass Menschen grundlegend immer vermeintlich rationale Entscheidungen auf Grundlage kausaler Zusammenhänge treffen. Aber diese Gründe, die in dieser Folge eine Rolle spielen, sind nicht zwangsläufig gut. Häufig hat man es hier mit Machtstrukturen, ungerechten Vorteilen und vermeintlichen Handelsbeschränkungen zu tun.

Sind wir also das Produkt einer kausalen Kette?

Besteht eine kausale Kettenreaktion? Sind wir gezwungen den Kausalitäten, die uns geformt haben, Folge zu leisten? Sind wir dann überhaupt frei?

Ein weiterer Einschlag der Diskussion richtet sich auf das Verhältnis von Geist und Körper. Wir gehen davon aus, dass Wahrheit in uns verankert ist. Es besteht allerdings die Möglichkeit, so wird es hier in Betracht gezogen, dass der Mensch zwar zu Erkenntnis von Wahrheit in sich selbst fähig ist, möglicherweise aber nicht fähig dies weiterzugeben und dem Ausdruck zu verleihen. Das Denken in Worten limitiert. Das zeigt sich beispielsweise dann, wenn wir eine Gefühl empfinden, welches wir nicht in Worten ausdrücken können. Bringt man das auf die zwischenmenschliche Ebene, so weiß man, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Wahrnehmungen haben. Die Erfahrungen, die wir machen sind offensichtlich subjektiv. Die Sprache suggeriert uns dann, dass die Beschreibung/ Mitteilung dessen aber objektiv ist. Dies führt wohl dazu, dass wir miteinander kommunizieren können, aber können wir auch richtig verstehen, was der andere meint? Unsere Vermutung ist, dass es hier eine Schnittmenge gibt, aber nie eine völlige Überlappung. (Bild)

Somit schafft es eine gewisse Distanz, wenn wir GEfühle in Worte fassen. Diese Distanz, die die Sprache schafft, dient dazu Kontrolle und Verständnis zu gewissen. Aber sie verfälscht auch. Was a priori (ohne Erfahrungen) ist, stimmt bei jedem Menschen überein. Aber bei allem Materiellen bzw Empirischen ist es sehr schwierig. (Das Glas ist halbvoll/ Das Glas ist halbleer.)  Wir sind also wohl gewissermaßen in unserer Individualität gefangen.

Am Ende folgt noch ein Buchtipp von Nils Bassen.

Es geht um das Werk von Dr. Heiner Flassbeck mit dem Titel: “Das Euro-Desaster: Wie die deutsche Wirtschaftspolitik die Eurozone in den Abgrund treibt (gegen den Neoliberalismus)” zu finden hier.

Nils empfiehlt das Buch, da es die wirtschaftlich-ökonomische Begründung liefert, weshalb es in Europa zu so viel anti-europäischen Gedanken kommt. Er ist der Meinung, dass man die ökonomische Krise lösen muss, damit die “Idee Europa” auch weiterhin eine Chance hat. Erst dann ist eine philosophische Herangehensweise möglich.

Termin für die nächste Sitzung: Dienstag der 19.06.2018, Raum 14.001 ab 19:30 Uhr

Alles ist auch  auf facebook https://www.facebook.com/philosophiefueralle.de/ zu lesen, wo die Diskussion in schriftlicher Form weiter fortgesetzt werden kann).

(Anna Caroline Bringmann)